Mit dem Solarspitzengesetz hat der Bundestag entscheidende Änderungen für die Solarbranche auf den Weg gebracht. Vor allem die Regelungen zur Einspeisevergütung und der Umgang mit Zeiten negativer Strompreise stehen im Fokus. Die neuen Bestimmungen zielen vor allem darauf ab, Stromüberschüsse durch erneuerbare Energieträger zu vermeiden.
Die wichtigsten Änderungen im Überblick
- Keine Einspeisevergütung für Solar-Anlagen bei negativen Strompreisen: Bei negativen Börsenstrompreisen entfällt die Einspeisevergütung für Betreiber neuer Photovoltaikanlagen. Die Stunden ohne Vergütung werden an den EEG-Förderzeitraum von 20 Jahren angehangen.
- Einspeisebegrenzung von 60% für neue Anlagen ohne intelligente Messsysteme: Neue Solaranlagen dürfen zunächst nur 60 % ihrer Nennleistung ins Netz einspeisen. Diese Begrenzung gilt, bis ein intelligentes Messsystem, bestehend aus einem digitalen Stromzähler und einem Smart-Meter-Gateway, installiert ist.
- Vereinfachte Direktvermarktung: Kleinere PV-Anlagen mit weniger als 100 kWp können ihren Strom künftig einfacher an der Börse verkaufen
Was ist das Solarspitzengesetz?
Das Solarspitzengesetz wurde als Reaktion auf die zunehmenden temporären Überschüsse in der Stromerzeugung beschlossen. Negative Strompreise entstehen, wenn das Angebot an Strom die Nachfrage übersteigt – ein Phänomen, das durch den wachsenden Ausbau erneuerbarer Energien häufiger auftritt. Das Gesetz regelt nun, dass für Photovoltaik-Anlagen in solchen Zeiten keine Einspeisevergütung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) mehr gezahlt wird.
Warum werden negative Strompreise zum Problem?
Negative Strompreise klingen aus der Sicht von Stromkunden auf den ersten Blick gut, da durch diese die Stromrechnung kleiner wird. So kann man mit dynamischen Stromtarifen richtig viel Geld sparen. Auf den zweiten Blick sind negative Strompreise aber ein Symptom von einem ineffizientem Stromnetz. Negative Strompreise treten immer dann auf, wenn mehr Strom produziert wird, als verbraucht werden kann. Stromerzeuger zahlen dann Geld dafür, dass andere ihren Strom verbrauchen oder speichern.

Da die Erzeugungskapazitäten von Photovoltaik und Wind in den letzten Jahren rasant gewachsen sind, gab es im Jahr 2024 siebenmal so viele Stunden mit negativen Strompreisen. Da die EEG-Vergütung für Photovoltaikanlagen bis jetzt unabhängig von den Gegebenheiten auf dem Strommarkt war, zahlt der Staat bei negativen Strompreisen sehr viel Geld für Strom, der im Netz nicht gebraucht wird. Dies führt zu höheren Kosten, die letztendlich von den Steuerzahlern getragen werden müssen.
Dabei sind Photovoltaik-Anlagen und Windkraftanlagen nicht unbedingt das Problem: Konventionelle Kohlekraftwerke sind nicht flexibel genug und können nicht einfach komplett ausgeschaltet werden. Deswegen müssen leider PV- und Windkraft-Anlagen abgeregelt werden, oder es müssen Speicherlösungen genutzt werden, um den Strom später am Tag zu nutzen.
Anreize zum schlauen Einspeisen
Bis jetzt gab es keine Anreize für ein Einspeiseverhalten, welches besser an den Verbrauch im Stromnetz angepasst ist. Anlagenbetreiber haben unabhängig von der Situation im Stromnetz immer ihre EEG-Vergütung bekommen. Diese war lange Zeit wichtig für die Rentabilität von Solaranlagen, aber bei neueren Anlagen, die sich hauptsächlich durch den Eigenverbrauchsanteil lohnen, ist die Bedeutung der Vergütung kleiner geworden. Die Nachteile der ungeregelten Einspeisung überwiegen jetzt. Deswegen haben die Netzbetreiber eine Lösung gefordert, welche jetzt verabschiedet wurde.
Wegfall der Einspeisevergütung bei negativen Strompreisen
Ein zentrales Element des Solarspitzengesetzes ist die Regelung, dass Betreiber von neuen Photovoltaikanlagen ab einer Leistung von zwei Kilowatt in Zeiten negativer Strompreise keine Einspeisevergütung mehr erhalten.

Kein Verlust der Einspeisevergütung durch Verlängerung der Förderung
Durch den Kompensationsmechanismus verlängert sich die EEG-Förderungsdauer der Anlage. Dadurch verliert man also kein Geld. Der Kompensationsmechanismus wird hier im Detail erklärt.
Bei Anlagen ohne Smart-Meter: Begrenzung der Einspeiseleistung auf 60% der Maximalleistung
Eine weitere Neuerung betrifft die Einspeiseleistung von neuen Photovoltaikanlagen. Solange keine intelligenten Messsysteme installiert sind, wird die Einspeiseleistung auf 60 Prozent der Nennleistung beschränkt. Diese Regelung gilt für alle Photovoltaikanlagen unter 100 Kilowatt Leistung, die nicht in der Direktvermarktung sind.
Die neue Regel hat kaum Einfluss auf die Rendite der Anlage
Der Bundesverband Solarwirtschaft sieht darin für die meisten Betreiber keine nennenswerten Nachteile. Bei Anlagen mit Ost-West-Ausrichtung beträgt der Rentabilitätsverlust maximal ein Prozent, bei Süd-Ausrichtung bis zu neun Prozent. Durch die Kombination mit einem Batteriespeicher können diese Verluste jedoch ausgeglichen werden.
Bei bestehenden Anlagen ändert sich nichts
Bestandsanlagen sind von den Änderungen des Solarspitzengesetzes nicht automatisch betroffen. Betreiber haben jedoch die Möglichkeit, freiwillig in die neuen Regelungen zu wechseln. Als Anreiz für einen Wechsel erhalten sie eine Erhöhung der EEG-Vergütung um 0,6 Cent pro Kilowattstunde.
Beschleunigter Smart-Meter-Rollout
Ein weiterer wichtiger Punkt des Solarspitzengesetzes ist die Beschleunigung des Rollouts intelligenter Messsysteme (Smart Meter). Neue Photovoltaikanlagen ab einer Leistung von sieben Kilowatt müssen innerhalb der nächsten 24 Monate mit einem Smart Meter ausgestattet werden.
Diese Regelung soll dazu beitragen, dass PV-Systeme netzdienlich betrieben werden können. Allerdings steigen die Kosten für den Einbau und Betrieb intelligenter Messsysteme, was je nach Anlagengröße zusätzliche jährliche Entgelte zwischen 20 und 50 Euro verursacht.
So funktioniert die Kompensation der Stunden ohne Einspeisevergütung im neuen Solarspitzengesetz
Der Ausgleich der entfallenen EEG-Vergütung ist durch einen komplexen, aber fairen Mechanismus gegeben. Kurz gesagt wird die Förderdauer verlängert, um Minusstunden nachzuholen. Dabei werden diese nicht einfach an die Förderdauer angehangen, sondern in Volllastviertelstunden umgerechnet, welche dann auf die einzelnen Monate verteilt werden.
Die Methode
Der einfachste Weg, um den Kompensationsmechanismus zu verstehen ist die Vorstellung als Konto.
Das „Konto“
Auf dieses Konto werden über die Förderdauer von ca. 20 Jahren Stunden mit negativem Strompreis „eingezahlt“. Diese werden nicht als Stunden, sondern als Viertelstunden gesammelt, da die Abrechnung im Strommarkt auf viertelstündlichen Zeiträumen basiert. Am Ende des regulären Förderzeitraums werden vom „Guthaben“ dieses Kontos weitere Förderzeiträume „gekauft“. Dabei wurden im Gesetz die „Kosten“ für jeden Monat abhängig von den durchschnittlichen Volllastviertelstunden festgelegt. Der Januar ist nur 87 Vollastviertelstunden wert, der Juni mehr als das fünffache, da der durchschnittliche Ertrag in diesem Monat deutlich höher ist.
Was ist eine Vollastviertelstunde?
Eine Volllastviertelstunde ist ein theoretischer Zeitraum, in dem die Anlage mit voller Leistung produziert. Ein Zeitraum von einer halben Stunde, in der die Anlage nur die Hälfte der Leistung erzielt, ist somit auch eine Vollastviertelstunde.
Die Summe der gesammelten Stunden wird halbiert
Bevor die Monate „gekauft“ werden können, wir die Summe der Stunden mit negativen Strompreisen mit 0,5 multipliziert (also halbiert), da die reale Einspeiseleistung in den Zeiträumen bei den meisten Anlagen niedriger als die Maximalleistung ist und nicht alle Minusstunden durch Solaranlagen ausgelöst werden.
Der verlängerte Förderzeitraum wird „gekauft“
Der Förderzeitraum wird verlängert, indem die Vollastviertelstunden für den verlängerten Monat vom „Konto“ der gesammelten Viertelstunden abgezogen werden, bis das Konto leer ist. Dieser angefangene Monat wird dann noch bis zum Ende vergütet.
Stunden mit negativen Strompreisen im verlängertem Förderzeitraum werden nicht nochmal an den Förderzeitraum angehangen
Eine Beispielrechnung
Eine Anlage wird Anfang Juli 2025 in Betrieb genommen. Auch wenn es im letzten Jahr über 450 Stunden mit negativem Strompreis gab, gehen wir davon aus, dass sich durch die neue Regelung weniger Stunden mit negativem Strompreis ergeben, in diesem Beispiel 300 Stunden pro Jahr.
Die Anlage wird bis Ende 2045 gefördert. Zusammen mit dem Jahr der Inbetriebnahme ergeben sich so insgesamt 19,5*300 = 5850 Stunden mit negativem Strompreis über die gesamte Förderdauer. Das sind dann 23400 Viertelstunden.
Um auf das „Guthaben“ am Ende des Förderzeitraums zu kommen, muss dieser Wert noch halbiert werden. Das Guthaben sind also 11700 Viertelstunden.
Von diesem Guthaben werden dann die einzelnen Monate gekauft. Ein ganzes Jahr „kostet“ 3800 Vollastviertelstunden, das heißt wir können erstmal 3 Jahre „kaufen“ bevor wir uns mit den Monaten beschäftigen. Das Restguthaben auf dem Beispielkonto liegt dann bei 300 Viertelstunden. Mit diesen kann der Januar, Februar und der März „gekauft“ werden (Für den ganzen März reichen die Stunden nicht, aber jeder angefangene Monat wird komplett vergütet).
Jetzt haben wir den verlängerten Förderzeitraum ausgerechnet: Die Anlage wird bis Ende März 2049 gefördert.
Fazit
Mit dem neuen Solarspitzengesetz wurde endlich eine wichtige Änderung bei der Vergütung von Solar-Anlagen vorgenommen, mit dem Ziel, negative Strompreise zu verhindern. Dabei wurde ein fairer Kompensationsmechanismus geschaffen, welcher die Rendite einer Anlage nicht verschlechtert. Gleichzeitig wurden wichtige Anreize für intelligente Strommesssysteme und Heimspeicher geschaffen.